„Alles muss bleiben wie es ist“ war gestern! In diesem Jahr (2019) gab es die Entscheidung für die Zukunft von CIPC. Die EU Kommision hat entschieden, dass CIPC nicht weiter zugelassen wird und national ist diese Entscheidung ebenfalls bereits mit Abverkaufs- und Aufbrauchfristen umgesetzt. 

Die 4 wichtigsten bisherigen Wirkstoffe zur Keimhemmung in Deutschland:
  • Maleinsäurehydrazid
  • CIPC (Chlorpropham)
  • Grüne-Minze-Öl
  • 1,4-Dimethylnaphthalin (1,4-DMN)

Kein Produkt ist wie das Andere und bei jedem gibt es Vor- und Nachteile bzw. auch Besonderheiten, sei es von der Art der Applikation bis hin zur Wirkung oder dem Thema Rückstände.

Bislang gibt es den Standard zur chemischen Keimhemmung – den Wirkstoff Chlorpropham, abgekürzt CIPC. In den Weiten des Internets findest du viele Informationen über den Wirkstoff: wie lange er bereits im Einsatz ist, welche Erfahrungen damit vorliegen und auch die chemischen Details sind gut bekannt und beschrieben. Was ist also das Problem, wenn wir Keimhemmungsmittel zur Verfügung haben, die wir alle mittlerweile gut kennen, wie CIPC?

CIPC ist endlich aufgrund der Zulassungssituation! Von daher wird ein Umdenken stattfinden müssen, wie wir keimfreie Kartoffeln bis ins neue Jahr und auch noch länger lagern können. Das ganze bitte rückstandsfrei oder mit so wenig Chemie wie möglich? Geht das?

Vorab müssen wir einen kurzen Exkurs unternehmen, wie die Keimhemmungsmittel denn überhaupt appliziert werden.

Es gab und gibt bis heute folgende Verfahren:

Klassische Verfahren zur Keimhemmung mit CIPC:

  • Pulverapplikation am Förderband
  • Flüssige Applikationsverfahren am Förderband/Rollentisch mit einem ULV-Gerät
  • Heißvernebelung mit speziell dafür entwickelten Geräten, die mit Benzin betrieben werden
  • Kaltvernebelung

Bekanntes Verfahren zur Keimhemmung auf dem Feld mit Maleinsäurehydrazid:

  • Anwendung von Wachstumsreglern mit dem Wirkstoff Maleinsäurehydrazid auf dem Feld mit einer normalen Pflanzenschutzspritze

Neue Verfahren zur Keimhemmung mit Grüne-Minze-Öl oder 1,4 DMN*:

  • Heißvernebelung mit Electrofog-Geräten
    *1,4 DMN kann auch mit den klassischen Heißvernebelungsgeräten ausgebracht werden laut Vertriebsfirma

Was gibt es zu bedenken bei der Applikation von Keimhemmungsmitteln? Formulierung, Technik - alles gleich?

Ohne jetzt alle Verfahren und die dafür zugelassenen Produkte auflisten zu wollen ein wichtiger Hinweis am Rande:

Jedes Verfahren bzw. jedes Applikationsgerät stellt bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit bzw. die Formulierung eines dafür einsatzfähigen Pflanzenschutzmittels.

Ein Diesel Auto fährt auch nicht mit Benzin. So kann man es vielleicht beschreiben, obwohl du beides an deiner Tankstelle zapfen kannst. So kann ein Produkt, das explizit zur flüssigen Applikation am Förderband entwickelt wurde, nicht mit einem Heißnebelgerät appliziert werden und umgekehrt.

Und damit nicht genug: Selbst in ein und demselben Verfahren gibt es zudem noch immer die Kartoffelsorte, die unterschiedlich reagieren kann. So gibt es Sorten, die Schalenbrand empfindlich sind. Auf die musst du besonders bei der Einlagerung achten, wenn du keine bösen Überraschungen erleben möchtest!

Wichtige Hinweise für die verschiedenen Verfahren der Keimhemmung und die verfügbaren Wirkstoffe:

  • Wusstest du schon? Die Anwendung von Wachstumsreglern (Maleinsäurehydrazid) auf dem Feld ist keine Nacherntebehandlung. Das heißt der Kennzeichnungssatz „Nach der Ernte behandelt“ entfällt!
  • Planst du während der Einlagerung deine Kartoffeln mit einem Keimhemmungsmittel zu behandeln, so gibt es hier Pulver förmige und flüssige Mittel zur Applikation mit dem Wirkstoff CIPC. Bei diesem Verfahren zur Einlagerung spielt die Schalenbrandempfindlichkeit eine große Rolle, da du die Produkte direkt auf die noch feuchten und frisch gerodeten Kartoffeln applizieren musst! Achtung: Check daher vorab die Schalenbrandempfindlichkeit deiner Kartoffelsorte ab und prüfe, was in den Gebrauchsanleitungstexten der jeweiligen Produkte dazu steht!
  • Wählst du das Heißnebelverfahren zur Keimhemmung hast du die meisten Alternativen. Neben CIPC sind derzeit zwei weitere Produkte (1,4-Dimethylnaphthalin und Grüne-Minze-Öl) in Deutschland zugelassen. Beide kannst du mit Electrofog-Geräten ausbringen, das erste auch noch mit der „Standard“-Technik (benzinbetriebene Geräte).

Technischer Fortschritt in der Keimhemmung oder nur Marketingstrategie?

Die Franzosen sind bereits weiter in Bezug auf technische Neuerungen, denn dort sind seit Jahren die bereits erwähnten Electrofog-Geräte im Einsatz. Sie arbeiten, wie der Name schon mutmaßen lässt, nicht mit Benzin, sondern mit Strom.

Jetzt fragst Du Dich, weshalb ist das besser? Betrachten wir die benzinbetriebene Standardtechnik mal genauer. Bei der Verbrennung des Benzins entsteht immer CO2. CO2 begünstigt die Umwandlung von Stärke in der Kartoffel zu Zucker. Und was bedeutet das? Hohe Zuckergehalte führen zu einer negativen Beeinträchtigung der Backfarbe und des Geschmacks in der Verarbeitung. Dunkelbraune und süße Pommes? Das ist nicht sehr appetitlich...

Bei jeder Heißvernebelung pustest du also mit den herkömmlichen benzinbetriebenen Geräten zusätzliches CO2 ins Lager. Da hilft nur lüften, lüften, lüften, um das CO2 nach der Applikation wieder aus dem Lager zu entfernen...

Ach ja: Wusstest du, dass auch Kaltlagerung Einfluss auf die Backfarbe hat? Nein? Dann lies hier weiter...

Das ist anders bei der Applikation mit strombetriebenen Geräten. Hier verbrennt nichts und daher entsteht kein zusätzliches CO2 es kostet nur Strom. Was für Vorteile hat die elektrische Variante, der Electrofogger, sonst noch?

Stellen wir uns nun mal das Grüne-Minze-Öl vor. Diese hochkonzentrierte Ölformulierung braucht hohe Temperaturen und eine feine Zerstäubungstechnik wie die des Electrofoggers, damit es sich als feiner Nebel auf deine Kartoffeln legt und nicht als dicke Tropfen einen Schmierfilm auf deinen Knollen hinterlässt.

Nutzt du stattdessen das benzinbetriebene Heißvernebelungsgerät mit dem Minzöl besteht ein höheres Risiko der Entflammbarkeit! Das willst du sicher nicht! Von daher ist es gut, dass es für einige Produkte wie das Grüne-Minze-Öl klare Bestimmungen seitens der Hersteller/Vertreiber gibt, die auf die richtige Technik verweisen! Die Gebrauchsanleitung solltest du deshalb bei jedem Produkt konsultieren.

KW29_19Heißvernebelung-1Heißnebelanwendung mit Grüne-Minze-Öl und dem Xeda Electrofog-Gerät. Ziel ist eine gleichmäßige Verteilung im gesamten Lager

Hier noch einmal kurz die Vorteile der strombetriebenen Variante - die Electrofog-Applikation - zusammengefasst:

  • Keine CO2-Erhöhung im Lager
  • Keine Metallkanister für das Produkt zur Entsorgung
  • Geringeres Risiko einer Entflammbarkeit
  • Sehr feines Tröpfchen-Spektrum
  • Einwandfreies, störungsfreies Arbeiten
Electrofog-Gerät der Firma Xeda
Electrofog-Gerät der Firma Xeda

Nach dem Exkurs über Rückstände und die neuen Techniken fassen wir hiermit zusammen:

  • CIPC muss ersetzt werden.
  • Das erfordert Neuerungen im gesamten Lagermanagement.
  • Sowohl Standardtechnik als auch die Standardprodukte werden sich verändern.

Neue Technik, neue Produkte - zurück zur Frage: geht Keimhemmung rückstandsfrei oder mit so wenig Chemie wie möglich?

Die Keimhemmung von morgen bietet nach wie vor einige Wirkstoffe an: Starten kannst du bereits mit Maleinsäurehydrazid auf dem Feld. Allerdings merke dir: Maleinsäurehydrazid erzeugt einen Rückstand in der Knolle, allerdings entfällt die Kennzeichnung "nach der Ernte behandelt", da die Behandlung bereits auf dem Feld erfolgt. Mit dieser Maßnahme kommen deine Knollen zumindest erstmal ruhiger ins Lager als ohne, doch für eine Langzeitlagerung bis ins Frühjahr wird diese Maßnahme allein nur bei wenigen Sorten ausreichen.

Für die Heißvernebelung im Lager stehen aktuell zwei Wirkstoffe zur Verfügung. Das 1,4-Dimethylnaphthalin hinterlässt einen Rückstand, der allerdings natürlich in der Knolle vorkommt und daher laut Aussage des Vertreibers nicht mit: „nach der Ernte behandelt“ gekennzeichnet werden muss. Das Grüne-Minze-Öl hat nicht einmal einen definierten Rückstand (MRL), so dass es ebenfalls nicht gekennzeichnet werden muss. Also merke: Keimhemmung geht in Zukunft quasi nur noch ohne Kennzeichnung! Was für ein Fortschritt!

Unser Tipp: beschäftige dich in der nächsten Saison intensiv mit den neuen Alternativen, denn ab 2020 kannst du CIPC nicht mehr anwenden. Wie so oft benötigt es Erfahrung die Produkte bestmöglich zu positionieren und du als Spezi wirst deine eigene Strategie entwickeln. Die Vertreiber der neuen Produkte teilen gern ihr Wissen mit dir und beraten nach bestem Wissen und Gewissen. Also mach dich auf, wenn du auch in Zukunft dabei sein willst.

Ach ja und noch was – bislang sind uns keine neuen Produktentwicklungen bekannt, die einen Ersatz der Keimhemmungsmittel zur Einlagerung darstellen. Das heißt für die Pulverapplikation (seien wir ehrlich, das hat auch immer ordentlich gestaubt und ist nicht gerade angenehm für dich als Anwender gewesen), aber auch für die ULV-Geräte haben wir keinen Nutzen mehr (ausschließlich bezogen auf das Thema Keimhemmung). Schade, denn auch diese Applikationen haben eine große Bedeutung in den Kartoffelbetrieben gehabt.