Der Sommer war heiß und trocken. Nun sind die Temperaturen wieder kühler und es regnet. Von vielen Landwirten hören wir gerade jetzt vor der Raps- und Weizenaussaat oft die gleiche Frage: "Hat die Sommertrockenheit die Schnecken und ihre Eier erledigt oder kann ich bei der Aussaat doch noch ein Schneckenproblem bekommen?"

So viel vorab: Ja! Denn Schnecken sind Hungerkünstler!

Mit unserem Artikel Risikobewertung Schneckenangriff: Wie du deine Kulturen verteidigen kannst haben wir dich gut für einen möglichen Schneckenangriff gewappnet. Nun gilt es dem Leben der Nacktschnecke, insbesondere der Genetzten Ackerschnecke (Deroceras reticulatum), genauer auf den Grund zu gehen.

In diesem Artikel findest du heraus, was das für schleimige und gefährliche Tiere sind und ob du trotz langer Trockenperioden noch beruhigt schlafen kannst oder lieber auf der Hut sein solltest. Denn frei nach Sun Tzu, dem chines. General:

"Wenn du den Feind und dich selbst kennst,
solltest du den Ausgang von 100 Schlachten nicht fürchten."

Die Nacktschnecke auf deinem Feld - lerne den Feind kennen

Schnecken sind Zwitter: Schnecken sind etwas ganz besonderes. Denn sie sind Mann und Frau zugleich. Diese Eigenschaft nutzen sie geschickt aus und begatten sich gegenseitig. Für dich als Landwirt bedeutet diese Fähigkeit, dass jede einzelne Acker- und auch Wegschnecke Eier ablegen kann. Viele Eier! Je nach Art bis zu 500 Stück pro Individuum. Von so einem starken Vermehrungspotential können andere Arten nur träumen. Für dich und deinen Acker natürlich ein Alptraum.

Die Schneckenkinder werden in kleinen Eierhäufchen von 10-30 Stück unter Steinen, in Regenwurmgängen oder in Hohlräumen gruppiert. Dabei werden die Eier nicht nur oberflächlich abgelegt. Bis zu 40 cm tief in den Boden kriechen die Schnecken, um ihre Nachkommen sicher vor Hitze bzw. Kälte zu schützen.

Und wann schlüpfen die Schnecken aus dem Ei? Das kommt auf die Außentemperatur an. Herrschen ungefähr 20 °C, so dauert es 15 bis 20 Tage, bis die kleinen Schnecken sich aus den weißlichen Eiern befreien. Bei kühleren Temperaturen überdauern die Eier einige Monate und können sogar Fröste überstehen. Nacktschnecken halten keinen Winterschlaf. Die Überwinterung findet generell im Ei-Stadium statt oder bei milden Wintern auch als junge oder erwachsene Schnecke.

Arion Wegschnecke mit drei Eigelegen

Schnecken sind Taktiker: Etwa 6 Wochen nach dem Schlupf (im Frühjahr, Sommer oder Herbst) sind sie erwachsen und fortpflanzungsfähig und das dann für den Rest ihres Lebens. Bis zu 8 Monate kann z.B. die Genetzte Ackerschnecke alt werden.
Bereits 1949 hat Frömmig herausgefunden, dass eine gut genährte erwachsene Schnecke unter günstigen Umständen und wochenlang jeden 2. oder 3 Tag Eier hervorbringen kann. Was für ein Schadpotenzial!

Bei starker Wärme, Kälte, Trockenheit oder hoher UV-Strahlung ziehen sie sich in tiefere Schichten zurück und nutzen dort vorhandene Risse, Hohlräume und Regenwurmgänge, um sich zu verstecken und auf bessere Zeiten zu lauern. Daher sollst du ja fleißig „ackern“ und dein Saatbett Klarschiff machen. Lies dazu auch Auf mit dem Traktor zur Schneckenbekämpfung.

Schnecken sind Nachtschwärmer: Schnecken lieben Feuchtigkeit, denn sie haben keinen Verdunstungsschutz und können nur einen leichten Flüssigkeitsverlust ausgleichen. Sie werden sowohl durch Helligkeit als auch Feuchtigkeit gesteuert. Daher sind sie hauptsächlich nachts unterwegs und aktiv, weshalb du ja am besten früh morgens nach den kleinen Kreaturen auf deinem Acker Ausschau halten solltest. Jedes bisschen Feuchtigkeit, ob Regen oder Tau, lässt sie aktiv werden.

Und zu guter Letzt: Schnecken sind Hungerkünstler: Sie können in längeren Trockenphasen auf eine Art „Ruhebetrieb“ umstellen. Die ausgeprägte Mitteldarmdrüse – funktionell mit der Leber von Wirbeltieren vergleichbar – ist ein Organ im Stoffwechsel der Schnecken, das Enzyme produziert und der Speicherung von Kohlenhydraten und Fetten dient.

So können die Schnecken also schön lange in ihrem Versteck in deinem Acker durchhalten und JA – wenn es dann zum Ende des Jahres doch nochmal feucht und warm werden sollte – immer noch einen Schaden an den Neuansaaten anrichten. Gib also auch nach einem trockenem Sommer bei deiner Raps- und Getreideaussaat immer Acht.

Hier siehst du nochmal zur visuellen Unterstützung den Lebenszyklus der Genetzten Ackerschnecke (Quelle: Kompendium der Ackerschnecke).

Zyklus

Über reduzierter Bodenbearbeitung und Zwischenfruchtanbau freut sich die Schnecke

Der Schneckenbesatz ist generell aber nicht aggressiver oder „resistenter“ geworden, sondern durch die geänderten Wirtschaftsweisen in der Landwirtschaft wurden verbesserte Lebensbedingungen für die Schleimer geschaffen. Wie zum Beispiel die reduzierte Bodenbearbeitung. Denn die bietet der Nacktschnecke ganzjährig leckere grüne Pflanzen und kühle Verstecke.

Auch der Zwischenfruchtanbau und verengten Fruchtfolgen lässt die Schnecke jubeln! Dank der grünen Brücke findet sie ein stetiges Nahrungsangebot. Welche vorbeugenden Maßnahmen du ergreifen kannst, um den Aufbau einer Schneckenpopulation zu verhindern, liest du im Artikel Auf mit dem Traktor zur Schneckenbekämpfung.

Schnecken im Herbst nach Sommertrockenheit? Achte auf Bodenfeuchte im Keimlingsstadium

Mit einem Schneckenbefall musst du also auch zu späteren Jahreszeiten noch rechnen, unabhängig davon wie es im Frühjahr auf deinem Acker aussah. Du kannst also nicht beruhigt schlafen, wenn vor der Aussaat kühlere Temperaturen und Regen angesagt werden.

Die entscheidende Rolle für das Vorhandensein von Schnecken sind die Feuchtigkeitsverhältnisse des Bodens während dein Raps oder Getreide keimt bzw. aufläuft. So kann eine hohe Schneckendichte im Raps sogar gänzlich ohne Folgen bleiben, wenn die Schnecken aufgrund trockener Bedingungen ihre Rückzugsmöglichkeiten nicht verlassen können. Daher solltest du immer auf die Bodenfeuchte achten! Ist der Boden feucht, kannst du jederzeit mit Schnecken rechnen.