Ständig kriecht, krabbelt oder fliegt irgendein Insekt auf deinen Feldern herum. Besonders im Getreide gibt es viele Schädlinge, die dir deine Ernte abspenstig machen. Dabei sind die Blattläuse vielleicht die vielfältigsten Vertreter. Sie ziehen im Herbst in deine Felder ein und bleiben je nach Art bis zum Sommer dort und wechseln dann mit deiner Fruchtfolge weiter in den nächsten Schlag. Sie saugen deinen Pflanzen den Saft und damit die Nährstoffe aus, ziehen mit ihrem Honigtau Schwärzepilze an und übertragen dabei schlimmstenfalls auch noch die Verzwergungsviren.

Möchtest du wissen wie du sie wieder los wirst bzw. was du vorbeugend tun kannst, um sie nicht in deinen Feldern zu haben? Dann wirst du in diesem Artikel fündig.

Blattlaus gesichtet – und los? Lieber erst die Schadschwelle bestimmen

Wie bei allen tierischen Plagegeistern auf dem Acker: Erst wenn eine bestimme Anzahl überschritten ist, solltest du die Spritze rausholen. Wir wollen schließlich alle noch verbleibenden Wirkstoffe schützen und Resistenzen vermeiden. Also heißt es Gummistiefel an, raus auf den Acker und zählen. Beginne am Feldrand mit deiner Tour und wähle 5 mal 10 Halme auf deinem Weg Richtung Feldmitte aus und zähle die Läuse, die du findest.

Schadschwelle im Herbst:

Warst du im September mit der Drille unterwegs und hast Getreide gesät, so musst du schon bei 10 % mit Blattläusen befallenen Pflanzen aktiv werden. Bei Oktobersaaten liegt die Schadschwelle bei 20 % ab dem 2-3 Blattstadium des Getreides. Wähle für deine Blattlausbesatzkontrolle die Mittagszeit. Auch Sonnenschein hilft dir beim Erkennen der Läuse, denn bei Gegenlicht erkennst du sie am besten auf den Blättern, wie auf dem Bild ganz oben im Titel. Ist es etwas kühler (unter 15 °C) bzw. ist es sehr windig, verziehen sich die Blattläuse Richtung Blattgrund und haben keine Lust mehr auf Fliegen. Wenn du schon mal auf dem Acker bist, kannst du übrigens auch gleich dein Getreide auf Fritfliegen oder Getreidelaufkäfer kontrollieren.

BlattlausSchadschwelle im Frühjahr:

Hier hast du leider mehr Arbeit als im Herbst, denn je nach Befall der Blätter und Ähren sind die Schadschwellen und der damit von dir verlangte Einsatz unterschiedlich.
Schadschwelle für Blattläuse auf Blättern und Internodien:

  • Winterweizen: 60 % befallene Pflanzen mit 25 Blattläusen pro Halm (BBCH 61) bzw. 50 Blattläusen pro Halm (BBCH 69)
  • Sommergerste: 60 % befallene Pflanzen mit 15 Blattläusen pro Halm (BBCH 61) bzw. 30 Blattläusen pro Halm (BBCH 69)

Schadschwelle für Blattläuse an Ähren:

  • Winterweizen: 60-80 % befallene Pflanzen oder 3-5 Blattläuse pro Ähre (BBCH 61-75)
  • Sommergerste, Hafer: 60-80 % befallene Pflanzen (BBCH 61-69)

Achte außerdem auf die Warndienstmitteilungen, insbesondere bei den Schadschwellen bzgl. der Blattläuse als Virusvektoren. Es gibt oft auch Blattlausmonitorings bzw. Blattlaus-Virus-Monitoring in Getreide, wie das von der Syngenta, oder von Landwirtschaftskammern oder amtlichen Beratungen, die die Ergebnisse in ihren Warndiensten veröffentlichen. In Österreich untersucht die AGES an 70 Standorten mittels ELISA und PCR-Test die Virosen im Ausfallgetreide auf die Verzwergungsviren BYDV, CYDV, WDV und BDV und stellen dies anschließend anschaulich auf deren Webseite dar.

Blattläuse und Verzwergungsviren bekämpfen – so geht’s!

Wie bei allen Schädlingen in der Landwirtschaft gibt es vorbeugende und reaktive Maßnahmen, die du bei einem akuten Befall ergreifen kannst.

1. Vorbeugende Maßnahmen gegen Getreideblattläuse

  • Richtiges Timing bei der Aussaat im Herbst:
    Besonders in der Landwirtschaft ist das richtige Timing alles. Als Landwirt musst du immer abwägen: Säst du zu früh, haben die wärmeliebenden Insekten und auch Unkräuter, allen voran der Ackerfuchsschwanz, leichtes Spiel, aber dein Getreide auch genug Zeit, sich schön zu entwickeln und das Ertragspotenzial voll auszuschöpfen. Säst du zu spät, sind die Schädlinge zwar fast weg, aber dein Getreide muss sich nun sehr beeilen, um noch rechtzeitig vor dem Winter zu bestocken.
    Ein Argument für die spätere Saat deiner Winterungen (also nach dem 20.09., in wärmeren Gegenden sogar erst nach dem 30.09.) ist die Blattlaus- und damit auch die Virenproblematik. Drillst du früher, hat nicht nur dein Getreide einen Entwicklungsvorsprung, sondern auch die Blattläuse mehr Zeit sich breit zu machen und dein Getreide mit den Verzwergungsviren zu infizieren. Aber meine Weizen muss doch früh in die Erde? Nein! Versuche haben sogar ergeben, dass extrem frühe Saattermine im August oder auch Anfang September ertraglich stärker abfielen als Mitte September gesäte Sorten. Speziell Richtung Ostdeutschland haben sich frühere Saattermine, um Frühsommertrockenheit besser kompensieren zu können, als Vorteil erwiesen. Aber Vorsicht, nicht zu früh! Extreme Frühsaaten vor Mitte September verstärken das Läuserisiko. Siehe auch Getreidemagazin 5/2015
    In Untersuchungen konnte übrigens nachgewiesen werden, dass in Jahren mit starkem Virusbefall das später ausgesäte Wintergetreide keinen oder einen deutlich geringeren Virusbefall aufwies. Steht auf den angrenzenden Flächen Mais bzw. Grünland oder Ausfallgetreide? Dann solltest besonders auf Blattläuse achtgeben.

    Welche Winter- und Sommerwirte die einzelnen Getreideblattläuse haben, liest du in unserem Artikel "Schäden und Gefahren durch Getreideblattläuse: Das solltest du wissen!"

    Sicherlich gibt es sehr viele Faktoren, die deinen Aussaatzeitpunkt bestimmen. Das würde hier allerdings den Rahmen sprengen. Deshalb betrachten wir hier vorwiegend den Mikrokosmos Blattlausbekämpfung, um dir eine Hilfestellung bei deiner Bekämpfungsstrategie zu geben. Für welchen Zeitpunkt du dich in der Gesamtheit aller Einflussfaktoren zur Saat entscheidest, überlassen wir dir.
  • Richtiges Timing bei der Aussaat im Frühjahr:
    Beim Sommergetreide sieht es hingegen anders aus. Hier fängt der frühe Vogel den Wurm. Blattläuse schaffen es im Frühjahr oft erst Ende April bis Ende Mai hohe Populationsdichten aufzubauen. Liegt dann deine Saat schon in der Erde und ist längst aufgelaufen, fallen die Läuse nicht über die jungen Keimlinge her, sondern treffen auf gut entwickelte Pflanzen, die weniger anfälliger gegenüber Infektionen mit Verzwergungsviren sind.
  • Die Qual der Sortenwahl:
    Generell sind alle Getreidearten anfällig gegenüber den Verzwergungsviren. In den letzten Jahren hat sich jedoch einiges getan was Neu-Züchtungen betrifft. So gibt es die zweizeilige Futtergerstensorte „Paroli“, die eine Resistenz gegen den beiden Serotypen BYDV-PAV und BYDV-MAV aufweist, jedoch nicht gegen andere Serotypen von BYDV und CYDV. Laut Züchterfirma ist „Paroli“ besonders geeignet für den Anbau in räumlicher Nähe zur Wirtspflanze Mais, für Frühsaaten in warmen Lagen sowie integrierte und ökologische Anbauverfahren (ohne Insektizideinsatz gegen Blattläuse). Neben „Paroli“ gibt es die zweizeilige „Idilic“, und auch die mehrzeilige „Sensation“, „Contra“ und „Paradies“ mit Resistenz gegen den Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV).
  • Sauber macht lustig!
    Ein weiteres praktisches Mittel, um es den Läusen so unbehaglich wie möglich zu machen ist ganz einfach: Mach sie obdachlos! Gräser am Wegesrand, Ausfallgetreide… allen Wirtspflanzen der Blattläuse solltest du den Garaus machen.

    Du fragst dich welche Wirtspflanzen das überhaupt sind? Erfahre mehr in unserem Artikel "Schäden und Gefahren durch Getreideblattläuse: Das solltest du wissen!"

    Winterwirte wie Ausfallgetreide oder Ungräser am Wegesrand sind nicht nur gefährlich, weil sie die Blattläuse anziehen bzw. ihnen Unterschlupf gewähren, bis dein Getreide aufgelaufen ist. In ihnen schlummern auch die Verzwergungsviren und warten nur darauf, von den Blattläusen und auch von der Wandersandzirpe aufgesogen zu werden. Und die zwei tragen die Viren dann lustig weiter in deine Felder.

    Wusstest du übrigens, dass sich auch Blattläuse gern über deine Kartoffeln hermachen? Lies auch „So vertreibst du Blattläuse aus Kartoffeln und beugst gleichzeitig einem Virusbefall vor“

    Im Mais tummeln sich die Läuse zwar auch sehr gern, jedoch rufen die Viren hier kaum Symptome hervor. Sobald du den Mais im Herbst jedoch häckselst, ziehen sie weiter in deine frisch gesäten Getreidebestände und verrichten dort ihr zerstörerisches Werk.
  • Verbünde dich mit dem Feind:
    Ich weiß ja nicht an wen du so denkst, wenn das Wort Feind fällt, aber wir meinen hier Schlupfwespen, Marienkäfer, Florfliege und Co. – die Feinde der Blattlaus. Pflanze Hecken und Buntbrachen, die finden sie toll. Die kleinen Tierchen sind übrigens kannibalistisch veranlagt. Blattläuse, Schlupfwespe, Marienkäfer oder die eigene Art: Der Florfliegelarve ist es egal was sie zwischen ihre großen Kiefer bekommt. Möchtest du mit Insektiziden in den Kampf gegen die Blattläuse ziehen, verwende wenn möglichst nützlingsschonende Mittel oder vermeide Spritzungen bei gleichzeitig hohem Nützlingsvorkommen.
  • Zuviel N freut die Läuse:
    Endlich mal ein positiver Grund Stickstoff einzusparen. Blattläuse haben nämlich bei zu gut mit N versorgten Pflanzen ein leichtes Spiel, an die süßen, verheißungsvollen Pflanzensäfte zu kommen. Bei zu viel Stickstoff baut die Pflanze mehr Grundgewebe auf und vernachlässigt das Festigungsgewebe. Und schwupps sind die Zellwände nicht mehr dick und stark genug, um den saugenden Läusen oder Zikdaden Stand zu halten. Dünge also bedarfsgerecht. Das schont auch zusätzlich deinen Geldbeutel und die Roten Gebiete.
  • Kein Mut zur Lücke:
    Blattläuse mögen es muckelig warm. Deshalb lieben sie windgeschützte Lagen wie Südhänge, Waldränder oder dergleichen. Besonders Lücken in Beständen mögen sie gern, da dort kein Blattwerk die Sonne am Aufheizen der Erde hindert. Möchtest du also die kleinen Virusvektoren an ihrer Arbeit hindern, vermeide Lücken und fördere eine zügige Bestandsentwicklung. Denn Sonnenscheindauer und warme Temperatur kannst du schlecht beeinflussen. Kalkuliere die Aussaatstärke deshalb nicht allzu knapp. Wirtschaftest du rein ökologisch, so eignet sich z.B. eine Saatstärke von 350 Körner/m2.

2. Akute Maßnahmen gegen Getreideblattläuse

Wachsen dir trotz all der vorbeugenden Maßnahmen die Läusepopulationen über den Kopf? Sobald die Schadschwelle überschritten ist, solltest du deshalb nicht lange überlegen. Nun geht es ans Eingemachte und die „schweren“ Geschütze werden rausgeholt.

Leider haben wir bei den Insektiziden gegen Blattläuse als Virusvektoren nicht mehr die Qual der Wahl. Die Wirkstoffe sind begrenzt und das Resistenzrisiko steigt. Deshalb solltest du nicht einfach bei der nächsten Überfahrt ein Pyrethroid beimischen, wenn du die kleinen Biester gesichtet hast. Du sicherst dir damit nicht mehr Erträge, sondern förderst nur Resistenzen.

Aktuell (Stand Januar 2022) sind Pyrethroide wie lambda-Cyhalothrin, tau-Fluvalinat oder Deltamethrin gegen Blattläuse zugelassen, ebenso wie die Wirkstoffe Flonicamid, Primicarb oder Esfenvalerat. Achte bei deiner Auswahl darauf, welches Pyrethroid im Herbst eine Zulassung gegen Virusvektoren hat. Das haben nämlich nicht alle.

Zwei Tipps, damit dein Insektizid auch morgen noch gut wirkt

Tipp 1: Auf den pH-Wert kommt es an:

Bestimme den pH-Wert deines Spritzwassers und säure es bei Bedarf an.

Mehr zum Thema pH-Wert findest du auch in "Herbizid wirkt nicht? Vielleicht liegt's am pH-Wert des Spritzwassers?" oder "Damit Pflanzenschutz auch wirkt: pH-Wert bestimmen und richtig konditionieren"

Pyrethroide werden ab einem pH-Wert größer 7 schnell instabil. Sie werden dann durch die alkalische Hydrolyse (Verseifung) einfacher abgebaut und wirken schlechter. Der optimale pH-Wert sollte zwischen 5 und 6 liegen.

Tipp 2: Richtig spritzen und zwar so:

Spritze auf trockene Pflanzen mit der maximal zugelassenen Aufwandmenge. Mindestens 200 l/ha Wasser sollten es schon sein. Spritze bei nicht allzu heißen Temperaturen. Bedenke, dass bei Temperaturen über 20 °C die Wirkung von Pyrethroiden nachlässt. Optimal sind die späten Abendstunden, am besten nach dem täglichen Bienenflug.

Nutze Warndiensthinweise und kontrolliere regelmäßig deine Bestände, dann bist du auf der sicheren Seite.

Quellen:
Verzwergungsviren in Getreide: Blattläuse und Zikaden wann bekämpfen?
Getreideblattläuse - Gerste Schädlinge | www.proplanta.de
Blattläuse übertragen Gelbverzwergungsviren | agrarheute.com
Getreideblattläuse (pflanzenkrankheiten.ch)
Blattläuse (isip.de)
Wintergerste: Dem Befall mit Verzwergungsvirus entgegnen? | proplanta.de

Ackerbauliche Hinweise zur Minderung der durch Verzwergungsviren verursachten Schäden - LfL (bayern.de)
Getreide: Bestände jetzt auf Blattläuse kontrollieren | agrarheute.com
Getreideschädlinge – Integrierter Pflanzenschutz - LfL (bayern.de)
Blattlaus-Warnung für den Acker | Industrieverband Agrar (iva.de)
jahresbericht-2018.pdf (landwirtschaftskammer.de)
Gelbverzwergungsvirus in Wintergerste: Hilft noch was? | proplanta.de

https://www.researchgate.net/publication/308114180_Influence_of_temperature_and_humidity_on_the_flight_capacity_of_Sitobion_avenae

Psammotettix alienus / Wander-Sandzirpe / Zwergzikaden - Cicadellidae (naturspaziergang.de)
Wandersandzirpe – Wikipedia
https://rp.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/RP-Internet/Themenportal/Landwirtschaft_und_Fischerei/Pflanzenschutz/Documents/GetreideViruserkrankheiten.pdf

agrarservice.de - Lexikon der Getreideschädlinge - Getreideblattläuse
https://www.researchgate.net/publication/350152804_Pyrethroid_sensitivity_in_UK_cereal_aphids

Could Behaviour and Not Physiological Thermal Tolerance Determine Winter Survival of Aphids in Cereal Fields? Lucy Alford*, Thiago Oliveira Andrade, Romain Georges, Franc¸oise Burel, Joan van Baaren

https://simonleather.wordpress.com/2014/04/28/a-winters-tale-aphid-overwintering/

Wie umgehen mit Getreideblattläusen? | Landwirtschaftskammer - Pflanzenschutz (lko.at)

15_boese_getr-magazin_aussaat-wigetreide.pdf (sachsen-anhalt.de)